541cm Rheinhalle

Wanderfahrt 4

Wanderfahrt in Polen vom 5. - 12. August 2023

KONTRASTREICHE POLENWANDERFAHRT

2023 titelbild wf polen

Am Samstag, den 25.August 2023 treffen von allen Seiten RuderInnen in Poznan ein. Zehn vom BRC, fünf von der Schleppi Basel und sieben von Bern, Hamburg, Konstanz und vom Wannsee.

Wir wohnen in einem protzigen Hochhaus aus der Sowjetzeit, gegenüber steht eine Zeile Jugendstilmehrfamilienhäuser.

Poznan schwimmt im Regen. Den ersten Tag verbringen wir lesend im Bett oder wir waten mit einer Führerin durch die endlosen Baustellen der faszinierenden Universitätsstadt. Katarina erklärt  uns, wie preussische Bauten im Wettstreit mit polnischen Bauten stehen, wie grosspolnischer Stolz gegen die preussische Unterdrückung aufgemuckt hat.

Unser Reiseleiter Lukasz muss derweil improvisieren, die Reiseroute ändern, seinen Keller ausschöpfen und gibt seinerseits am Sonntagmorgen eine Führung im strömenden Regen durch die geschichtsträchtige Stadt. Lukasz ist ehemaliger Leistungssportler und Chef seines Einmannbetriebes mit Familienverstärkung.

Am Montag schliesslich starten wir unsere Wanderfahrt auf der Warthe. Abermals geraten wir in Wolkenbrüche und werden teils nass bis auf die Haut. Der Westwind (Helmut!) wirft stattliche Wellen, aber die wilde Landschaft ist beeindruckend. Keine Zivilisation in Sicht. Wir rudern durch dramatische Gemälde von Emil Nolde. Weite, Wald, Rehe, Hasen, Schwalben, Reiher, Adler, Kühe, Pferde und Enten.

Lukasz teilt täglich die Boote neu ein. Bis zum Schluss sollten alle mit allen im Boot gewesen sein. Dadurch verschmelzen wir zu einer Gemeinschaft. Es wird gelacht, weil die unterschiedlichen Kommandos anfangs für Verwirrung sorgen. Abends hören wir einander zu: Wer ist das wievielte Mal mit Lukasz unterwegs, hat welchen Bezug zu Polen. 

Lukasz hält dazwischen immer wieder seine ausufernden Vorträge, die er „Radio Lukasz“ nennt. Mit Feuer für Polen unterweist er in alter Geschichte, erzählt von den Preussen, Schweden, von Napoleon, Josephchen, von Teilungen und Umsiedelungen und von der aktuellen EU-Politik. 

Wir werden mit möglichst lokalen Gerichten verpflegt und erfahren auch über Essgewohnheiten vieles. 

Am Mittwochabend gibt es ein „Familienbankett“ in einem Bootshaus. Seine Mutter hat mit Freundinnen gekocht und aufgetischt. Sauerkraut, eine Art Ratatouille, Kirschensuppe, Salate, Kuchen... Wir werden über polnische Höflichkeit instruiert, wie es geht, den Schnaps abzulehnen, ohne die Gastgeber zu verletzen. Lukasz ist ein Komödiant, wir fallen aber fast um vor Müdigkeit.

Wir übernachten in einem zum Hotel umgebauten Palast, einem ehemaligen Schulhaus, einer Garnison. Immer gibt es viel Geschichte dazu. Vater Grzegorz hat immer schon das Gepäck hingefahren und wenn er nicht plötzlich unterwegs mit einem Imbiss auftaucht, so hat Lukasz eine Überraschung im Boot. Schliesslich haben wir unterwegs in der Einsamkeit kaum je Gelegenheit, einzukehren oder einzukaufen.

Wieder Rudern gegen Helmut, den Westwind. Immer wunderschöne grosse weite flache Natur mit riesigen Aueneichen, Weiden und Schilf. Endlose Naturschutzgebiete. Erst am letzten Tag begegnen wir zwei motorisierten Fischern und einigen Paddelbooten. All die Tage waren nur unsere fünf Ruderboote unterwegs, kein Frachtschiff, kein Personenschiff. Ich erinnere mich an keinen Steg, an dem wir mit ausgestreckten Rudern hätten landen können. Die Stege waren immer zu hoch, schief, schwankend, schlipfrig. Abenteuerlich. Die vielen Nassaustiege in der Einsamkeit waren wesentlich sanfter. Immer und gerne halfen die Stärkeren den Schwächeren beim Ein- und Aussteigen.

Die Altersspanne der Gruppe reichte von irgendwo unter Fünfzig bis Fünfundachzig. Was waren die alten Damen  aber für solide und ruhige Ruderinnen! Respekt. Topfit! Ich denke, alle von uns haben sich gefragt, ob wir in zwanzig oder dreissig Jahren eine Tagesdistanz von fünfzig Kilometern so leicht wegstecken. Es war schön, mit ihnen im Boot zu sitzen.

Am Samstagmorgen stieben alle wieder in verschiedene Richtungen davon. Einige spazieren noch durch die nicht mehr existierende Stadt Küstrin an der Warthe. Die Stadt wurde gegen Ende des Krieges komplett von den Russen zerstört. Es stehen nur noch überwachsene Fundamente und Hinweisschilder. Die Festung mit Schloss ist zu einer Art Gedenkmuseum geworden. Es geht uns nahe.

In der Schweiz wissen wir nicht so viel über die Geschichte Polens wie die Berlinerinnen. Wir sind manchmal froh, von weit her zu kommen und wieder dorthin zurück zu fahren. Aber die Fahrt war herrlich und reich. Unerwartet reich an Natur, Menschlichkeit und Geschichte. Nachhallend.

Danke, Lucienne, für die Idee und die Organisation. Nicht ausgeschlossen, dass wir uns wieder einmal in dieses weit entfernte Ruderparadies ziehen lassen.

Für den Bericht: Ines

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